5
Mrz
2012

Fehlschaltung im Zahlengehirn

Seit Jahr und Tag habe ich die selbe österreichische Handynummer. Die Vorwahl zeigt wie üblich meinen Betreiber an. Dieses Unternehmen hat seit meiner Vertragsunterzeichnung mittlerweile den dritten Namen bzw. Eigentümer – die Firma »3«/Hutchinson bzw. Orange bzw. one.

Bei meiner Freundin M. ist das genauso. Steinalte Nummer, der selbe Betreiber, die selbe Vorwahl. Dazu kommt, dass die ersten drei Stellen unserer Rufnummern identisch sind. Sie liegen also, wenig überraschend, in meinem Zahlengehirn ganz eng nebeneinander.

Man sieht das Unheil schon kommen, aber es überrascht mich doch, wie lange es gedauert hat, bis es offenkundig wurde: Im Stress der Abwicklung meines Arbeitsplatzes in Stuttgart habe ich noch kurz vor 18 Uhr ein Mail mit meinen Kontaktdaten in Österreich an meinen Kunden rausgeschickt. Inklusive Postadresse, neuer E-Mail-Adresse und Ankündigung, dass ich die Festnetznummer nachreichen werde, sobald sie installiert wurde. In der Zwischenzeit könne man mich jederzeit bequem per Mail, über die Agentur, über mein deutsches Handy oder über – tada! – das österreichische Handy erreichen. Schnell konzentriert und reingetippt: die Nummer der M.

Mehr als ein Monat ist ins Land gezogen, bis am Freitag meine Projektmanagerin bei der M. landete. Und heute, noch bevor das korrigierende Mail rausgehen konnte, die Kundin. Und dann kam auch noch die M. zu Besuch und berichtete, es sei da eine Nachricht auf ihrer Mailbox, die wir gemeinsam abhören sollten. Da war's dann Zeit zum Schwitzen, denn der Oberboss vom Kunden, hörbar amüsiert ob der coolen Ansage, die M. auf ihrer Mailbox hat, kündigte wichtige Infos an, die man persönlich besprechen müsse.

Das war vor zwei Wochen.

Morgen rufe ich mal zurück. Ich glaube, es wäre langsam an der Zeit.

2
Mrz
2012

Ist da jemand?

Erwähnte ich schon, dass ich meine neue Wohnung sehr liebe? Helle hundert Quadratmeter im dritten Stock eines Gründerzeitaltbaus, Parkettböden, die in der Zimmermitte einen schönen entspannten Durchhänger haben, und beim Blick auf die Fensterrahmen murmelt der H. nur versonnen: »Wir brauchen keine antroposophische Architektur, weil bei uns gibt's sowieso keinen rechten Winkel.«

Ungut wird es nur, wenn man, wie gestern, sich für ein kleines Geschäft zurückzuziehen gedenkt und nach dem Schließen der Tür plötzlich die Klinke in der Hand hat. Da wirkt die Idee, prinzipiell nur mit dem Handy aufs Häusl zu gehen, auf einmal gar nicht mehr so abwegig. Ganz klar auch, dass das genau dann passiert, wenn der H. für zwei Tage in Frankfurt weilt.

RabiatperleZum Glück ist ein schlechtes Schloss eben wirklich ein schlechtes Schloss, so dass ich mich mit der Wucht meiner Wampe nach einigen Minuten befreien konnte. Uff, gleich alles abknipsen und ein Mail an die Hausverwaltung schreiben.
Heute dann die Antwort:

»Sehr geehrte Frau Rapa!
Nächstes Mal bitte nicht so rabiat! ;-)
Natürlich schicken wir Ihnen ein Tischler.
Mit freundlichen Grüßen,
[Hausverwaltungsmann]

1
Mrz
2012

Eiserner Vorhang 2012 // II

Ray Cooney, »Außer Kontrolle«, Theatergruppe Vorchdorf
Eine etwas andere Theatererfahrung war der Auftritt meines Onkels als Staatsminister Richard Willey in einer klassischen Tür-auf-Tür-zu-Komödie im Veranstaltungssaal seines Heimatortes. Ich gebe gern zu, ich war stolz und hatte Spaß, und er macht das nach mehreren Jahren Laientheater richtig gut.

29
Feb
2012

Eiserner Vorhang 2012 // I

Christoph Willibald Gluck, »Telemaco«, Theater an der Wien
Leider fiel der Countertenor Bejun Mehta für die Titelrolle krankheitsbedingt aus, so dass der Regieassistent auf der Bühne den Stand-in machen musste und aus dem Orchestergraben ein eilends eingeflogener Ersatzcounter sang. War trotzdem sehr gut, aber am beeindruckendsten waren die Circe von Alexandrina Pendatchanska und der Merione von Anett Fritsch in einer Hosenrolle. So viel Kraft, dass es einen umbläst, und viel Gefühl.

Das schlichte, suggestive Bühnebild tat ebenfalls seine Wirkung. Sehr schöne Musik. Was blieb? Am nächsten Tag die Erinnerung im Kopf, dass es mir gut gefallen und mich berührt hat. Aber im Herzen war das Gefühl verschwunden. Man weiß nie, woran das liegt.

27
Feb
2012

Aufgew.!

Der innere Mitbewohner macht sich immer stärker bemerkbar und rumpelt den ganzen Tag im Bauch herum. Beschweren kann ich mich darüber nicht – es macht Spaß und hilft, diese noch immer sehr irreale Perspektive auf ein baldiges Leben zu dritt etwas realistischer wirken zu lassen. Seit gestern steht auch das übertragen gekaufte Gitterbett neben unserem Bett. Ich benütze es noch als Nachttisch, aber die Blickrichtung stimmt schon mal: Wo jetzt noch Bücher, Lampe und Tabletten herumpurzeln, wird bald ein kleiner Mensch liegen.

Ich fühle mich stark und habe keine Angst. Mal sehen, wie lang das noch so bleibt.

23
Feb
2012

Auf die Ohren 2012 // II

The Hilliard Ensemble, »Memoria Italiana«, Wiener Konzerthaus
Es ist alles eine Frage der Akustik (ein Wort, das ich jedesmal nachschlagen muss): Ein Platz im Parkett des Mozartsaals schluckt, weit genug hinten, die tiefen Töne und zerschießt die Harmonie. Wir saßen in der 14 Reihe, und nicht nur mir wurden die Augen schwer, weil einfach nichts rüberkam. Rundherum wurde zum Wachbleiben in den Programmheften geblättert. Der H. war ebenso enttäuscht. »Man erwartet, dass es einen anrührt, und dann passiert nix«, murmelte er. Zum Glück waren auf den Rängen noch Plätze frei, so dass wir uns nach der Pause auf den Balkon schummeln konnten.

Jetzt war's viel besser. Schöne Stimmen, schöne Musik, und die vier Herren waren bis dahin auch eingesungen, woran man beim zweiten Stück des Abends noch hatte zweifeln dürfen. Ich bekam Lust, bald wieder selbst zu singen.

Auf die Ohren 2012 // I

Martin Grubinger und Verwandtschaft, »Bartók, Say, Strawinski«, Wiener Konzerthaus
Drei Schlagzeuger, zwei Pianistinnen, ordentlich Gerümpel auf der Bühne und viel Spaß im Saal: Martin Grubinger hat in der Zusatzvorstellung am Sonntag Nachmittag mit seinem Vater, seiner Frau Ferzan Önder, deren Zwillingsschwester Ferhan und einem Leonhard Schmidinger das Konzerthaus gerockt. Zwischendurch mit viel Charme moderiert und die Stücke erklärt (»Einige von Ihnen werden The Rite of Spring von Strawinksi schon kennen, sei es in der Konzert- oder in der Klavierfassung.« - Da war das Publikum fast ein wenig empört.), in der Hauptsache aber hochkonzentriert und mit großer Begeisterung auf seinen Schlagzeugen herumgedengelt.

Drei schöne Stücke haben sie ausgesucht. Der Strawinski allerdings war das aufregendste. Diese Musik ist fast 100 Jahre alt und noch immer so dermaßen heftig! Und mit Schlagzeug gleich nochmal mehr. Das Arrangement war ausgefuchst, denn es wurden einige Orchesterstimmen dem Schlagzeug zugeordnet und nicht, wie man erwarten könnte, einfach dem Klavier zugeschlagen. Dem Kind in meinem Bauch hat's auch gefallen, es hat fleißig mitgetrommel.

22
Feb
2012

Gas, Wasser, Strom

Heute war zum zweiten Mal das Installateurs-Duo in unserer neuen Wohnung, diesmal zum Austauschen des Thermostats, das beim letzten Mal als defekt identifiziert wurde: Zwei junge Männer, die sich entzückenderweise sofort hinter der Wohnungstür die Schuhe von den Füßen reißen und dann in Socken durch unsere noch immer mit Kisten vollgestellten Zimmer und Gänge flitzen, um schließlich hochkonzentriert an diversen dubiosen Elektrogeräten herumschrauben.

Der sogenannte »Montage- und Materialausweis«, mit dem Arbeitszeit und -leistung verrechnet werden, liegt als Durchschlag auf meinem Küchentisch. Darauf ist in kugeliger, linksgeneigter Kinderschrift festgehalten, dass jetzt alles funktioniert.

Das liest man doch gern.

Bücherliste 2012 // III

Ulli Lust, »Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens«, Avant-Verlag
Eine fette Graphic Novel der aus Niederösterreich stammenden Berliner Zeichnerin Ulli Lust. Sie ist als Teenie-Punk mit einer Freundin nach Italien getrampt und hat dort einen Haufen Scheiße mit Männern erlebt, aber auch viel gelernt und viel verstanden. Super erzählt, super gezeichnet, on the long run vielleicht ein bisschen vorhersehbar (lauter Typen, die f*cken wollen und das Nein einer Punkerin nicht akzeptieren), aber das ist wohl genau eines der zentralen Themen.

Obwohl - oder: weil – ich nie einen richtigen Draht zu Punks hatte und ich deshalb die selbstverständliche Dringlichkeit, mit der sich Ulli ihnen anschließt, nicht verstehen konnte, hat mich das Buch an meine Zeit frisch in Wien erinnert. Damals war es für mich ebenso selbstverständlich und dringlich, den Kontakt zur Frauen- und Lesbenszene zu suchen. Die schelen Blicke und das ewige »Ein Festl ohne Männer ist doch fad« habe ich zwar bemerkt, aber sie hatten keine Bedeutung. Es musste sein, es war das Natürlichste und Normalste der Welt.

Wie kam ich dazu?
Vor einem Jahr oder mehr habe ich in einer deutschen Zeitung – leider weiß ich nicht mehr, in welcher, eventuell in der FAZ – eine euphorische Besprechung gelesen, die mir in lebhafter Erinnerung geblieben ist. Gekauft habe ich das Buch dann letzten Samstag, als ich mit meiner Freundin E. die neue feministische Buchhandlung »ChickLit« im ehemaligen Vereinslokal der AUF ausprobiert habe.

21
Feb
2012

Bücherliste 2012 // II

Edmund de Waal (Brigitte Hilzensauer), »Der Hase mit den Bernsteinaugen«, Zsolnay 2011
Sehr bewegendes Buch über die Familiengeschichte des Autors, erzählt anhand einer Sammlung von 264 japanischen Miniaturkunstwerken. Viel zu schnell vorbei. Kleistert die Lücken, die in der Recherche auftauchen, nicht mit »Literatur« zu.

Wie kam ich dazu?
Die winzige Buchhandlung in meinem neuen Grätzl hatte es auf dem einzigen Präsentationstisch liegen, der im Verkaufsraum Platz findet. Die euphorischen Rezensionsnotizen am Cover und die Empfehlung des Buchhändlers ließen mich zugreifen. Außerdem die Tatsache, dass es eins der wenigen Hardcover im Laden war – ich möchte nur wenn unbedingt nötig Taschenbücher kaufen. An denen verdient ja wirklich niemand was.
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