Vorletzte Nacht
Wir waren verheiratet, mein Mann ein starker Mensch mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und Hosenträgern, ich im Rock, wir beide auf dem Land, irgendwo im Osten, in Deutschland, in den 30er-, 40er-Jahren. Wir flohen. Zu Fuß durch den Wald, unser Ziel irgendeine ferne Grenze im Westen, es war Krieg, das weiß ich noch, wir waren Verräter und mussten untertauchen, es gab kein Zurück.
In einem Korb die kleinsten zwei unserer Kinder, schlafend aneinandergekuschelt, die trug ich. In einem anderen Korb ein größeres Kind allein, das trug der Mann. Und plötzlich wurde mir klar, dass wir unseren Ältesten zurückließen. Ob er fünf war oder acht – ich weiß es nicht. Er war nicht da, er würde das Haus leer vorfinden bei seiner Rückkehr, nie wissen, wo seine Eltern sind, warum sie ihn alleingelassen haben, ob sie zurückkommen würden. Er würde Fremde um Hilfe und Versorgung bitten müssen, er würde Angst haben und verzweifelt sein. »Es muss sein«, sagte mein Mann. »Es geht nicht anders.«
Im Traum braucht es keine besseren Argumente. Wir gingen los, über Felder, an einem See vorbei, in den Wald. Aber in meiner Brust und in meinem Kopf entstand ein Schmerz, wie ich ihn noch nie empfunden habe. Es wurde unmöglich weiterzugehen, ich wollte mir den Brustkorb zerreißen, den Kopf einschlagen, ich werde wahnsinnig, es ist nicht auszuhalten, ich kann nicht weiterleben, wenn ich dieses Kind zurücklasse. Ich brach in die Knie und wachte fast schreiend auf, rettete mich ins Schluchzen und kam lang nicht zur Ruhe, auch nachdem ich mich in meinem Bett neben dem H. wiedergefunden hatte.
Es ist wohl eine große Sache, auf die meine Psyche sich vorbereitet. Eine Liebe aus meinem Fleisch.
In einem Korb die kleinsten zwei unserer Kinder, schlafend aneinandergekuschelt, die trug ich. In einem anderen Korb ein größeres Kind allein, das trug der Mann. Und plötzlich wurde mir klar, dass wir unseren Ältesten zurückließen. Ob er fünf war oder acht – ich weiß es nicht. Er war nicht da, er würde das Haus leer vorfinden bei seiner Rückkehr, nie wissen, wo seine Eltern sind, warum sie ihn alleingelassen haben, ob sie zurückkommen würden. Er würde Fremde um Hilfe und Versorgung bitten müssen, er würde Angst haben und verzweifelt sein. »Es muss sein«, sagte mein Mann. »Es geht nicht anders.«
Im Traum braucht es keine besseren Argumente. Wir gingen los, über Felder, an einem See vorbei, in den Wald. Aber in meiner Brust und in meinem Kopf entstand ein Schmerz, wie ich ihn noch nie empfunden habe. Es wurde unmöglich weiterzugehen, ich wollte mir den Brustkorb zerreißen, den Kopf einschlagen, ich werde wahnsinnig, es ist nicht auszuhalten, ich kann nicht weiterleben, wenn ich dieses Kind zurücklasse. Ich brach in die Knie und wachte fast schreiend auf, rettete mich ins Schluchzen und kam lang nicht zur Ruhe, auch nachdem ich mich in meinem Bett neben dem H. wiedergefunden hatte.
Es ist wohl eine große Sache, auf die meine Psyche sich vorbereitet. Eine Liebe aus meinem Fleisch.
Cavola Rapa - 14. Mär, 13:18